Buchbesprechung: "Zwei Währungsgebiete - Zwei Geldpolitiken?"

 

Besprechung in der Börsen-Zeitung, 27.02.2003, Nummer 40, Seite 5

buc

EZB schlägt Fed

Börsen-Zeitung, 27.2.2003
Ruckriegel, Karlheinz und Seitz, Frank: Zwei Währungsgebiete - Zwei Geldpolitiken?
Ein Vergleich des Eurosystems mit dem Federal Reserve System, Bankakademie Verlag, Banking & Finance aktuell, Band 13, ISBN 3- 933165-72-5, Frankfurt am Main 2002, 69 Seiten, 22 Euro.
Es gibt wohl keine andere Notenbank in der Welt, die an den Märkten so hoch im Kurs steht wie die amerikanische, das Federal Reserve System, kurz "Fed" genannt. Das allerdings verdankt sie in erster Linie ihrem längst legendären Gouverneur Alan Greenspan und nicht ihrer institutionellen und analytischen Konzeption. Folgt man den Argumenten der Wirtschaftsprofessoren Ruckriegel und Seitz, schlägt das Eurosystem die Fed von der Konzeption und Ausrichtung her im direkten Vergleich um mindestens eine Nasenlänge.
Vor- und Nachteile beider Systeme haben die beiden Geldwissenschaftler von den Fachhochschulen Nürnberg und Amberg-Weiden in einer interessanten kleinen Studie gegeneinander abgewogen. Zulasten der Fed geht danach, dass ihr eine explizite Strategie fehlt, was sich nach dem Ausscheiden des dominanten Strategen Greenspan negativ bemerkbar machen dürfte. Während die vorrangige Aufgabe des Eurosystems, nämlich die Sicherung der Preisstabilität auf mittlere Sicht, klar fixiert sei, verfolge die Fed unterschiedliche Ziele, was zu Unklarheiten führe. Und während die Unabhängigkeit der EZB quasi unumstößlich sei, da im Maastricht-Vertrag verankert, dürfe sich die Geldpolitik der Fed nicht sehr weit von den Vorstellungen des US-Kongresses entfernen. Schließlich könne dieser ihre gesetzlichen Grundlagen jederzeit ändern. Auch halten die Wissenschaftler die Geldmarktsteuerung der Fed für antiquiert und suboptimal, weshalb schon an deren Reform gearbeitet werde. Dabei werde die Übernahme von Elementen des EZB-Instrumentariums (wie die
"Spitzenrefinanzierungsfazilität") erwogen, vermerken die Autoren.
Das Büchlein ist eine nützliche Faktensammlung für jene, die genau wissen wollen, wie und warum sich beide Notenbanken voneinander unterscheiden - und eben keine tiefschürfende Analyse ihrer geldpolitischen Entscheidungen. Als Fazit ergeht allerdings ein klares Urteil zugunsten der EZB. Es lautet: Wegen der institutionellen Verankerung der Unabhängigkeit, der klaren Zieldefinition und Bekanntgabe einer geldpolitischen Strategie, wegen des zeitgemäßen geldpolitischen Instrumentariums und der besseren Geldmarksteuerung "muss das Eurosystem unter Effizienzgesichtspunkten als das überlegenere System eingestuft werden". Warum dem so ist, liegt den Autoren zufolge auf der Hand: Die EZB ist viel jünger, sie wurde vor vier Jahren nach neuesten geldtheoretischen und -politischen Erkenntnissen konzipiert. buc