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Buchbesprechung:
"Europäische Geldpolitik"
Börsen-Zeitung, 20.10.2001 Ausgabe: 203, Seite: 7, Autor: buc
Facetten und Fundamente der Geldpolitik der EZB
Ein Buch zum Studieren und Nachschlagen
Börsen-Zeitung, 20.10.2001 Europäische Geldpolitik - Theorie,
Empirie, Praxis, 2. Auflage, von Prof. Dr. Egon Görgens, Prof.
Dr. Karlheinz Ruckriegel und Prof. Dr. Franz Seitz, Reihe "wisu-texte",
Werner Verlag, Düsseldorf 2001, ISBN 3-8041-1821-6, 29,90 Euro.
buc - Es wäre gelogen, zu behaupten, diese Einführung in die
europäische Geldpolitik sei so spannend wie ein Thriller von Frederick
Forsythe. Aber die drei Professoren liefern - übersichtlich und
leserfreundlich - mindestens so viele Details aus der Welt der komplexen
Geldpolitik wie Forsythe aus der globalen Schlapphutszene. Und: Es fehlt
auch nicht an Bedrohlichkeit, wenn es um die "Liquiditätsfalle"
oder das "Störpotenzial" für die Geldpolitik geht.
Für am Thema Interessierte ist das Buch durchaus kurzweilig. Eingeführt
wird in alle wichtigen Aspekte und Herausforderungen der Geldpolitik,
wie sie die Europäische Zentralbank (EZB) seit dem Start des Euro
Anfang 1999 betreibt. Dabei werden neueste Forschungsergebnisse und
aktuelle wie zukunftsweisende Fragestellungen berücksichtigt. So
gehen die drei Professoren (von den Hochschulen in Bayreuth, Nürnberg
und Amberg-Weiden) der Frage nach, inwieweit für die Geldpolitik
ein Koordinierungsbedarf mit der Fiskalpolitik besteht, wie stabil der
Stabilitätspakt bleibt, sollte mal Euroland in eine stärkere
Rezession abrutschen. Sie regen an, die Angriffspunkte einer politischen
Druckausübung auf die Zentralbank durch eine Änderung des
Doppel-Konvergenzkriteriums (Defizit- und Schuldenquote) zu reduzieren.
Es werden Aspekte der EU-Erweiterung bis hin zur notwendigen Reform
der Abstimmungsverfahren im EZB-Rat erläutert oder auch die vertiefte
Geldmengen-Analyse. Für jene, die mit Eurosystem, Geldmarktoperationen
und Zwei-Säulen- Strategie der EZB schon vertraut sind, ist wohl
das letzte Kapitel des fast 500 Seiten starken Werks zu den Störpotenzialen
für die Geldpolitik besonders interessant. Zu loben sind die vielen
Grafiken, Tabellen und die Erklärstücke (Boxen), etwa zu EU-Gremien,
zur "Kreativen Buchführung" oder zur "Theorie der
optimalen Währungsräume". Sie erleichtern in allen Kapiteln
die Lektüre und sorgen für Abwechslung. Wer vergessen hat,
was mit "Pre-Ins", "Primärdefizit" oder "P-Stern"
gemeint ist, findet kurze Erklärungen im Glossar am Ende. Das Buch
wurde gegenüber der 1. Auflage von 1999 in Stil und Gestaltung
stark verbessert und erweitert. Dem noch kaum verstandenen Prozess der
Transmission geldpolitischer Signale inklusive der Faktoren Unsicherheit,
Transparenz und Glaubwürdigkeit haben die Autoren rund 50 Seiten
gewidmet. Am Ende hat man gut verstanden, dass es eine Vielzahl an Rückkopplungen,
Überlagerungen, Abschwächungen und Verstärkungen dieser
Impulse gibt. Es fehlen leider ein paar grobe Anhaltspunkte für
die Dauer der Wirkungsverzögerungen, wie sie die EZB in ihrem Monatsbericht
Juli 2000 gegeben hatte. Alles in allem hat das Buch einen großen
Nutzwert fürs Studieren wie fürs Nachschlagen. Es lohnt sich
auch für Forsythe, sollte er eines Tages einen Thriller über
die Entscheidungsfindung im EZB-Rat schreiben wollen.
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